
Resilienz – was heißt das eigentlich?
Resiliente Menschen sind in der Lage, mithilfe innerer und äußerer Ressourcen sowie Schutzfaktoren, flexibel, agil und situationsangemessen auf Stressoren zu reagieren. Dabei wandeln und verändern sie sich, gehen aus Krisen sogar gestärkt hervor und nutzen diese als Anlass für das persönliche Wachstum und die individuelle Weiterentwicklung. Vereinfacht bedeutet Resilienz seelische oder psychische Widerstandsfähigkeit oder -kraft. Vorstellen kann man sich diese wie eine Art Immunsystem der Seele. Wichtig ist, dass Resilienz immer situationsspezifisch und individuell ist und nicht bedeutet, dass einen resilienten Menschen nichts mehr umwirft. Menschen, die sehr resilient sind, können auch ins Straucheln geraten, sie sehen sich aber nicht als Opfer der Umstände, sondern konzentrieren sich lösungsorientiert und selbstwirksam auf ihre Handlungsoptionen und stehen wieder auf. Eine Pionierin der Resilienzforschung, die US-Entwicklungspsychologin Emmy Werner, nannte besonders resiliente Kinder „verletzlich, aber unbesiegbar“.
Warum ist es heute wichtiger denn je, resilient zu sein?
Die heutige (Arbeits-)Welt ist durch schnelle Veränderungen, zunehmende Digitalisierung und immer wieder neue Herausforderungen geprägt. Globale Krisen wie bspw. Corona, der Ukraine-Krieg oder politische Veränderungen machen eine psychische Widerstandsfähigkeit wichtiger denn je. Laut einem Report der Techniker Krankenkasse (2021, TK-Stressstudie) fühlen sich 64% der gesetzlich Versicherten mindestens manchmal gestresst. 80% der 64% geben an, sich sogar ausgebrannt zu fühlen und dieses individuelle Stressempfinden nimmt jährlich zu. Und dieses Stressempfinden macht krank: Die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen sind innerhalb der letzten 10 Jahre um 41% gestiegen und machen damit einen Anteil von 20% gemessen an allen Krankheitstagen aus (DAK Psychreport 2022). Die direkten Kosten aufgrund der AU sowie indirekte Kosten aufgrund sinkender Produktivität und nicht zu vergessen, das persönliche Leid der Betroffenen und Angehörigen sind groß und steigen stetig. All diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, Widerstandskraft (also Resilienz) aufzubauen und trotz beruflichen und privaten Herausforderungen, Kraftquellen auszubilden und den Umgang mit Stressoren zu verbessern. Die gute Nachricht ist, Sie können etwas für Ihre Resilienz und damit für Ihr Wohlbefinden, Ihre Gesundheit und damit Ihre Lebensqualität tun. Studien zeigen, dass mindestens 50% unserer seelischen Widerstandsfähigkeit erlern- und trainierbar ist (2023, Reichert, T. und Pusch, C.).
Was macht mich resilient, stark und unbesiegbar?
Seelisch widerstandsfähige und robuste Menschen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben eine Gemeinsamkeit und diese bezeichnen Resilienzforscher als positive Selbstwirksamkeitserwartung. Das heißt, dass man sich trotz schwerer Krisen und Herausforderungen handlungsfähig fühlt und einen Ausweg sucht, von dem man erwartet, diesen meistern zu können. Resilient zu sein, heißt nicht, Krisen nicht schmerzhaft wahrzunehmen. Resiliente Menschen halten sich aber nicht damit auf, Schuldige für ihre Situation zu suchen und zu katastrophisieren, sondern setzen sich trotz aller Hemmnisse weiterhin Ziele und streben diese tatkräftig an.
Die Resilienzforschung nennt neben der positiven Selbstwirksamkeitserwartung mehrere weitere evidenzbasierte Resilienzfaktoren (2020, Kunzler et al.). Diese müssen nicht alle gleichermaßen zutreffen und sind je nach Situation und Persönlichkeit unterschiedlich stark ausgeprägt. Tanja Reichert und Claudia Pusch (2023) clustern die wichtigsten Resilienzfaktoren zu 6 Hauptfaktoren:
- Selbstregulationsfähigkeit:
- Optimismus
- Soziale Unterstützung, bzw. soziales Netz und Beziehungen
- Selbstwirksamkeit(serwartung)
- Lösungs- und Zukunftsorientierung
- Sinn- und Wertorientierung und/oder ggf. Spiritualität bzw. Religiosität
Der größte Anteil der genannten Faktoren sind mithilfe unterschiedlicher Methoden aus dem lösungs- und ressourcenorientierten (systemischen) Coaching, der kognitiven Verhaltenstherapie, den Neurowissenschaften und der positiven Psychologie erlern- und trainierbar. Ein leicht zugängliches Beispiel hierfür sind Achtsamkeitstechniken. Dieser niedrigschwellige Impuls unterstützt maßgeblich den Resilienzfaktor der Selbstregulationsfähigkeit. Selbstregulation wiederrum dient als Basis vieler weiterer hilfreicher Faktoren der inneren Widerstandsfähigkeit. Wer seine Achtsamkeit trainiert, kann wahrnehmen, wie sich die eigenen Gefühle, Gedanken und das Verhalten verändern. Erst dann kann die Aufmerksamkeit darauf gelegt werden und selbstregulativ einwirken und die Reaktion aktiv verändern. Ein weiteres Beispiel ist Optimismus. Auch Optimismus und ein so genannter positive Attributionsstil (ich erwarte, dass ein positives Ergebnis eintritt und ich einen Anteil an dem positiven Ergebnis habe), sind erlernbar. Wer achtsam feststellt, dass manche Situationen immer wieder nicht optimistisch bewertet werden, kann daran arbeiten, die eigene Haltung zu hinterfragen und dieses Denken aktiv in Richtung Optimismus umzuleiten. Denn Optimismus ist eine innere Haltung ggü. der Welt und den Erfahrungen im Leben und diese Haltung ist erlernbar.
Diese Beispiele zeigen etwas sehr Erleichterndes: Nämlich, dass die Vielzahl resilienzfördernder Faktoren nicht solitär, allein für sich, stehen, sondern zusammenhängen. Wer einen Faktor trainiert, wirkt in aller Regel gleichzeitig auch positiv auf weitere hilfreiche Faktoren ein.
Wenn Sie etwas für Ihre Resilienz und/oder etwas für die Resilienz Ihrer Mitarbeitenden oder der ganzen Organisation tun möchten, bieten wir mit VISYO eine Vielzahl an Angeboten in Form von Workshops, Seminaren, Vorträgen sowie Einzel- und Gruppencoachings an.